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Hornissenleben von Juli bis August

 
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Das Jahr einer Hornissenkönigin - Soziale Phase


Der Juli hat begonnen ;

Die älter werdenden Arbeiterinnen erfüllen nun unterschiedliche Aufgaben. Eine Baumeisterin fliegt ihrerseits denselben Baumaterialplatz immer wieder an und gestaltet das Nest aus einem instinktiven Antrieb heraus, welcher aber auch durch die Anwesenheit der Königinmutter gesteuert wird. Versiegt die Ergiebigkeit eines Baumaterialplatzes so sucht sich die Arbeiterin einen neuen Platz. Nur Hölzer, welche durch einen bestimmten Pilz dem Zerfall gewidmet sind - morsch sind -, werden von den Hornissen verarbeitet. Von Weide, Birke, Obstbäumen, Ahorn, Eiche, Esche etc. doch vorwiegend sind es Laubhölzer werden angeflogen!
Mit den starken Kieferwerkzeugen - Mandibeln - werden die Holzfasern abgeschabt und mit klebrigem Speichelsekret vermengt. Kräftig durchgekaut wird das 2,5 bis 3mm im Durchmesser kugelige Knöllchen ins Nest geflogen. Dort angelangt wird das Knöllchen erneut gut durchgemischt und an ausgewählter Stelle verbaut. Sei dies nun an der Nesthülle oder einer Zelle. Mit dem vorderen Beinpaar wird das Knöllchen an die Kiefer gehalten und in Form gekaut. Mit den Antennen wird die Dicke kontrolliert und mit den hinteren Beinen der Abstand z. B. zur äusseren Zellrandung - Stockwerk - oder zu den umliegenden Zellen des Stockwerks laufend geprüft. So wird Knöllchen um Knöllchen Baumaterial verbaut und es entsteht die typische lamellierte gelb-braune Färbung der Nesthülle und des Wabenbaus. Dort wo eine ergiebige Baumaterialquelle vorhanden ist, kann eine ziemlich einheitliche Färbung des Hornissennestes entstehen, ähnlich wie zu Beginn der Gründungsphase durch die Hornissenkönigin!

An Erfahrung gereifte Arbeiterinnen teilen unterschiedliche Aufgaben; z. B. als Jägerin, wobei diese Abgrenzungen nicht sehr scharf sind und zuweilen verschwimmen. Zu den Beuteinsekten gehören unter anderem verschiedene Fliegenarten, welche etwa 90% decken, Bremsen, Heuschrecken, Falter, andere Wespenarten (vor allem im Spätsommer; Vespula germanica und Vespula vulgaris) und ab und an eine Honigbiene, wenn ein Honigbienenvolk in der Nähe haust. Die etwa 15 Honigbienen pro Hornissenvolk und Jahr schaden einem gesunden Honigbienenvolk keines Falls! Das Beuteinsekt wird in der Regel an Ort und Stelle filetiert. Kopf ab, Hinterleib weg, Flügel und Beine werden abgetrennt. Der Brustteil mit dem Flugmuskelapparat wird je nachdem vor Ort von Chitinteilen befreit und ein erstes Mal durchgekaut. Zu diesen Arbeiten hängt die Hornisse an einem Hinterbein an einem Ästchen, Pflanzenblatt oder -stielchen, damit die nicht verwendeten Reste des Beuteinsekts zu Boden fallen. Das Fleischbällchen wird ins Hornissennest getragen und dort mit einer jüngeren Arbeiterin aufgeteilt, erneut durchgekaut und verschiedenen Larven portioniert gereicht. Meist wird die Beute jedoch durch die Jägerin selbst den Larven verfüttert. Einen Teil der Eiweisskraftnahrung wird der Hornissenkönigin verfüttert, denn sie benötigt das Protein noch immer zur Eiproduktion.
Die Hornissenkönigin spaziert noch immer eifrig durch den Wabenbau und legt gelegentlich auch noch Kieferwerkzeug an. Sie formt Zellränder oder an Stiften zur Stockwerkverstrebung. Brutpflege und der Zusammenhalt im Hornissenstaat gehören ebenso zu ihren Aufgaben. Durch ihre Spaziergänge im Hornissenwabenbau verteilen sich ihre Pheromone und zeigt so ihren Töchtern ihre Anwesenheit.
Das Hornissennest ist indes weiter gewachsen und hat an Grösse und Insassen zugelegt.

Die Hornissenvölker wachsen im Juli an beiden Standort - im Estrich und im Meisennistkasten - weiter und die Anzahl der Arbeiterinnen steigt von Tag zu Tag. Unterdessen umfasst der Wabenbau in einem „normalen“ Entwicklungsjahr zwischen 3 bis 4 Stockwerken. Der Durchmesser der einzelnen Stockwerkteller kann jedoch stark variieren; von 90 bis etwa 150mm! Im Meisennistkasten wird es langsam aber sicher zu enger.



Ende Juli hat auch dieses Volk im Meisennistkasten mit Entwicklungsrückstand an Stärke gewonnen

Ende Juli Anfang August ;

Es geschieht wie von unsichtbarer Hand gelenkt, dessen genauer Auslöser noch immer nicht restlos geklärt ist. Temperatur, Sonnenstand, Mond, Veränderungen in der hormonellen Struktur der Pheromone der Hornissenkönigin oder haben evtl. die Arbeiterinnen auch noch einen Einfluss oder sind es auch die Veränderungen im Nahrungsangebot und der Vegetation? Die nun gebildeten Zellen sind einiges grösser, tiefer und dienen der Aufzucht von Geschlechtstieren, also Drohnen, den Männchen, und Jungköniginnen. In der Regel werden zuerst von der Hornissenkönigin unbefruchtete Eier in die Grosszellen geheftet, teilweise bereits im letzten Arbeiterinnenstockwerk und später befruchtete Eier für Jungköniginnen. Die Hornissenkönigin hat die Möglichkeit dies bei der Eiablage zu lenken. Die Hornissenkönigin wird nun bis zu 40 Eier pro Tag in die Zellen heften und die Zahl der Arbeiterinnen steigt nochmals rasch an. Teilweise kann beobachtet werden, dass innerhalb von ein bis drei Tagen ein neues Stockwerk ausgebildet wird. Bis jeweils ein neues begonnen wird, braucht es immerhin etwa 100 Zellen im darüber liegenden Stockwerk. Alsdann wird etwa zentrisch an einem Berührungspunkt dreier Zellen ein Stiel heraus modelliert und herausgezogen. Die ersten Zelldächer werden ausgebildet und die Hornissenkönigin zur Eiablage animiert. Nun kann auch des Öfteren die Bildung eines Hofes um die Hornissenkönigin - Altkönigin - beobachtet werden. Dabei wird die Hornissenkönigin von acht bis 10 Arbeiterinnen umringend bedrängt, gefüttert und teilweise auch gekniffen. Noch immer spaziert die Altkönigin im gesamten Wabenbau umher, doch allmählich hält sie sich vermehrt im unteren Nestbereich bei den Grosszellen auf!
Der Wabenbau und die schützende, isolierende Aussenhülle wachsen weiter dem Höhepunkt entgegen.
Im Meisennistkasten ist der Innenraum mit Stockwerken komplett ausgefüllt. Die Hornissen haben nun im Bereich des untersten Stockwerks keinen Platz mehr, um ihren Wabenbau zu erweitern. Der Drang weiterzubauen ist dermassen stark, dass Arbeiterinnen die Umgebung nach einer geeigneten Nistmöglichkeit abfliegen und erkunden. Bietet sich gar die Möglichkeit, unten am Boden des Meisennistkasten weiter zu bauen? Auch diese Variante wird geprüft. Sind sich die Arbeiterinnen noch nicht einig, so kann es vorkommen, dass an zwei oder drei Stellen oder Standorten gleichzeitig neue Zellen ausgebildet werden. Ob nun mit der Hornissenkönigin die ausgesuchten möglichen Standorte für einen Umzug angeflogen werden oder ob die Arbeiterinnen gemeinsam eine Entscheidung treffen, ist noch nicht restlos geklärt. Es wurde jedoch vermehrt schon beobachtet, dass ausgesuchte Standorte wieder verlassen wurden. Wird nun der Boden des Meisennistkastens als geeignet angesehen, so wird der Wabebau darunter ohne eigentlichen Umzug weitergebaut.



Bauerweiterung am Boden des Vogelnistkastens. Die Hornissenkönigin sitzt auf
der Wabe und wärmt die frisch gelegten Eier; 08.07.2018


Wird nun ein Standortwechsel vollzogen, so sprechen wir von einer Umzugsgründung - andernorts wird diese auch Filialbildung genannt. Nachdem nun entschieden ist, wird der Wabenbau rasch grösser und fällt dadurch auf, dass es viele Arbeiterinnen, einen grossen Wabenbau aber kaum Larven oder Puppen in der Umzugsphase gibt. Sind die Zellen soweit ausgebaut, dass darin die ersten Eier abgelegt werden können, so wird die Hornissenkönigin vom Stammnest zur Umzugsgründung überführt. Dies geschieht in Begleitung von mehreren Arbeiterinnen. Riskant wird es für die Hornissenkönigin, wenn diese zwischen altem und neuem Standort hin und her fliegt. Dies immer begleitet durch eine kleine Eskorte. Da kann es auch vorkommen, dass die Hornissenkönigin verloren geht und stirbt!



Ein kleiner Hofstaat um die Hornissenkönigin rechts im Bild,
was ab August des Öfteren beobachtet werden kann; 18.08.2008